Medienwandel - heute und damals

Zugang und Verbreitung

Der Zugang zu Büchern war anfangs schwer: Die Alphabetisierung der Bevölkerung lag um 1500 erst zwischen 5 % (Land) und 15 % (Städte) und war den geistlichen und weltlichen Oberschichten vorbehalten. Dank sinkender Preise gelangten Wissen und Bildung dennoch zunehmend in breitere Bevölkerungsgruppen. Die technologische und wirtschaftliche Entwicklung des Buchdrucks legte den Grundstein für die im 16. Jahrhundert einsetzende Reformation. Dazu trug auch bei, dass bereits im 15. Jahrhundert in den Volkssprachen und nicht mehr nur in Latein publiziert wurde.

Das Bedürfnis des aufstrebenden Bürgertums nach dem Verständnis der Bibeltexte führte bereits seit den 1460er Jahren zum Druck deutschsprachiger Bibeln, die sich mit Illustrationen noch besser verkaufen liessen. Das Anliegen zur persönlichen Bibellektüre erfüllte 1485 als erster Johann Grüninger in Strassburg mit einer Ausgabe in einem handlichen Format (Höhe 29 cm). 

Text- und Wissenstransfer

Dank des Internets haben wir heute innerhalb von Sekunden Zugriff auf alle möglichen Bücher und Schriften rund um den Globus. Bereits im Mittelalter gab es Texte mit jahrhundertelanger Überlieferungstradition. Eine einzige Abschrift dauerte aber oft Jahre. Durch ihre geringe Anzahl hatten nur wenige Menschen Zugang zu den Werken – sie waren sozusagen «passwortgeschützt». Gedruckte Bücher hingegen boten eine grössere Sicherheit für den Erhalt der Texte und kamen durch eine höhere Anzahl gleicher Exemplare vermehrt in Umlauf.

Die ursprünglich altindische Dichtung Panchatantra entstand ungefähr im 3. Jahrhundert n. Chr. Die Fabelsammlung mit moralisierender Lehre diente der Erziehung junger Herrscher (Fürstenspiegel) und wurde im 6. Jh. ins Mittelpersische und im 8. Jh. ins Arabische über- tragen. Im 13. Jahrhundert übersetzte der zum Christentum konvertierte jüdische Autor Johannes von Capua das Werk aus dem Hebräischen ins Lateinische.

Gelehrte edierten Werke antiker und mittelalterlicher Autoren aus vorhandenen Quellen und kommentierten diese. Oft wurde dabei der Urtext vom typographisch abgesetzten Kommentar eingerahmt. Auf diese Weise entstand ein intertextuelles Netz von Wissen, so wie heute in den Digital Humanities Quelleneditionen durch Linked Open Data mit weiteren Informationen verknüpft werden.

Urheberrecht und Copyright

Urheberrecht und Copyright im heutigen Verständnis gab es noch nicht. Viele Autor*innen gedruckter Werke waren schon vor langer Zeit gestorben. Und zeitgenössische Verfasser profitierten sogar von Nachdrucken, fanden ihre Werke dadurch doch weitere Verbreitung. Leidtragende waren die Erstdrucker.

Um geschäftsschädigende Praktiken wie den Nach- bzw. Raubdruck eines Werkes durch Konkurrenten zu verhindern, konnten Drucker bereits früh ein sogenanntes Privileg durch die örtliche Obrigkeit erwirken. Dieses schützte allerdings kein geistiges Eigentum, sondern lediglich den materiellen Druck in deren Hoheitsgebiet und war auf einen kürzeren Zeitraum begrenzt. Das älteste bekannte Druckerprivileg stellte der Rat von Venedig dem Drucker Johann von Speyer 1469 aus.

Kirche und Zensur

Die Kirche positionierte sich zunächst mit einer gewissen Zurückhaltung gegenüber der neuen Möglichkeit zur Vervielfältigung von Wissen. Sie befürchtete die Verbreitung von ketzerischem Gedankengut und seine schädliche Wirkung auf «ungebildete und naive Laien», die sich fortan für klüger als die Priester halten könnten. In einem Zensuredikt verbot der Mainzer Erzbischof Berthold von Henneberg 1485 bei Androhung hoher Strafen die Übersetzung von lateinischen und griechischen Schriften ins Deutsche und deren Verbreitung und Verkauf in seinem Hoheitsgebiet.

Bald machte sich die Kirche die neue Errungenschaft aber auch zunutze. Zu den wichtigsten Druckerstädten zählten bis 1475 vor allem Bischofssitze, an denen Bibeln und Mess-bücher, aber auch Ablassformulare in sehr hohen Auflagen gedruckt wurden.