Geschichtliches in Kürze
Die voranschreitende Industrialisierung machte auch vor der Buchproduktion nicht halt. Im 19. Jahrhundert wurde durch die Einführung der Schnellpresse ein Teil der Handarbeit verdrängt. Setzmaschinen beschleunigten den Typensatz, und die Papierproduktion konnte durch das Verwenden von Holzschliff gesteigert werden. Die Bücher wurden in höheren Auflagen gedruckt, preisgünstiger und somit stärker verbreitet. Diese Entwicklung schreitet noch heute in gesteigertem Masse voran.
Ende des 19. Jahrhunderts entstand in England eine Bewegung, die sich bewusst von der industrialisierten Buchproduktion abwandte. William Morris grümdete 1891 in Hammersmith die Kelmscott Press, in der alle Teile des Buches nach jahrhundertealter handwerklicher Tradition gefertigt wurden: handgeschöpftes Büttenpapier, handgeschnittene Lettern, Handsatz, Handpresse, Handeinband. An diesem Ideal des Büchermachens orientierten sich die nachfolgenden Pressendrucker der Doves Press, Ashendene Press und vieler anderer.
Im deutschen Sprachraum setzte die Bewegung 1907 ein mit der Gründung der Janus-Presse durch Carl Ernst Poeschel und Walter Tiemann in Leipzig. Verlage wie Insel und Diederichs hatten zudem mit ihren bibliophil gestalteten Sonderauflagen vorbereitend gewirkt. Die Zeit bis in die dreissiger Jahre war einerseits gekennzeichnet durch eine harmonische Einheit von Typographie, Buchschmuck und Einband; andererseits wurde die Illustration zugunsten der typographischen Gestaltung oft auf Initialen und Zierleisten reduziert. Waren es um die Jahrhundertwende noch avantgardistische Zeitgenossen, deren Texte gedruckt wurden, so zeigte sich in den Zwischenkriegsjahren eine Vorliebe für die Quellen der abendländischen Literatur. Die Naziherrschaft unterbrach die Tradition der deutschen Pressendrucker, die verboten und vertrieben wurden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg expandierte die Pressendruckbewegung sowohl in der Anzahl der Pressen wie auch der Stilrichtungen. Die farbige Illustration gewann an Bedeutung. Noch heute werden nebeneinander Klassiker und Erstausgaben zeitgenössischer Autoren gedruckt. Das Angebot an Pressendrucken ist gut hundert Jahre nach deren Entstehen so vielfältig wie nie zuvor.